Budo-Taijutsu

in Reichenbach / Vogtl.
mit Wolfgang Gröger Shihan 10. Dan
am 8. Februar 2003

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Wolfgang Gröger (links) bei der Demonstration einer Hanbo-Technik mit Ralf Kürschner (rechts)

Am 08.02.2003 besuchte Shihan Wolfgang Gröger (10. Dan Bujinkan Budo-Taijutsu) seine Schützlinge vom Bujinkan-Gröger-Dojo-Netzschkau in ihrer Trainingstätte in Reichenbach/Vogtland. Der Dojoleiter Ralf Kürschner lud seinen Meister als Gastlehrer in traditionellem Budo-Taijutsu (BTJ) in seine sächsische Heimat ein. Gröger, der die Aktivitäten Kürschners stets unterstützte und das BGDN mitbegründete, versprach auch diesmal, einen interessanten Lehrgang in den Techniken der früheren Ninja des mittelalterlichen Japan zu gestalten.

Obwohl das BGDN erst seit etwa 1 Jahr als Sektion des Goshin-Gröger-Dojo-Netzschkau existiert, konnte Kürschner um die 20 Teilnehmer aus Netzschkau, Reichenbach, Zwickau, Bayreuth und Senftenberg in seinem Dojo begrüßen.

Da Gröger den meisten Teilnehmern nicht unbekannt war, begann er auch sofort mit dem umfangreichen Lehrgangsprogramm. Natürlich startete das Seminar mit einer entsprechenden Erwärmung. Gröger nutzte dazu neben den typischen Aufwärm- und Dehnübungen auch einige spezielle Grundtechniken des BTJ. Dabei erklärte er die Techniken stets und korrigierte bereits hier kleinere Fehler, die sich bei den Übenden einschlichen. Es dauerte nicht lang, bis die Teilnehmer ins schwitzen gekommen waren. So übte Gröger mit seinen Schüler zum Auflockern die traditionelle Fallschule.

Da das Feld der Übenden vom Anfänger bis zum Dan-Träger reichte, erklärte Gröger jede Rolle und jeden Sturz kurz. Es zeigte sich jedoch schnell, dass es unter den Trainierenden keine Probleme in diesem Bereich gab.

Natürlich liegt Gröger, der als Schirmherr des BGDN fungiert, viel daran, dass alle Schüler eine solide Ausbildung in der Grundschule des BTJ absolvieren. Dabei überprüft er regelmäßig die Wissensstände und Fähigkeiten der jeweiligen Übungsleiter und nutzt Seminare, um sich ein Bild von den Fortschritten der einzelnen Trainingsgruppen zu verschaffen. Da das BGDN noch sehr jung ist und die meisten Schüler noch am Anfang ihrer Ausbildung in dieser alten Kampfkunst stehen, orientierte Gröger den Lehrgang an Basistechniken, die grundlegend für viele Übungen der höheren Schule sind. Dabei machte er deutlich, dass auch höhergraduierte Schüler ihre Techniken auf diesem Grundwissen aufbauen müssen und das regelmäßige Üben in diesem Bereich unerläßlich bleibt.

Als erste Grund-Technik zeigte Gröger "Omote-Gyaku" (eine Handhebeltechnik) in seiner Grundform des BTJ vor. Diese Variante (zu jedem Hebel gibt es unzählige Varianten) wird im traditionellen BTJ als "Kihon Happo 4" gepflegt. Natürlich versteht sich eine solche Technik nur als Weg des Erlernens. Durch die Vorgabe eines bestimmten Ablaufschemas üben alle auf der selben Basis und der Trainer kann die eigentliche Technik kontrollieren. Gröger machte dabei deutlich, dass eine Grundschultechnik in dieser Form für einen praxisorientierten Kampf nur bedingt brauchbar ist. Jedoch kann jede Technik durch Variation bzw. Kombination mit weiteren Techniken äußerst effektiv eingesetzt werden kann. Um dies zu verdeutlichen, zeigte Gröger einige dieser Varianten vor. Die Teilnehmer übten eifrig und beherzigten dabei Ratschläge und Korrekturen des Meisterlehrers.

Als zweite Grund-Technik demonstrierte Gröger "Ura-Gyaku" (die Umkehrung der ersten Technik) ebenfalls wieder in der bestimmten Grundform als "Kihon-Happo 6". Natürlich gab es auch hier wieder viele Varianten zu trainieren.

Der nächste Teil des Lehrgangs war dem Hanbo-Jutsu gewidmet. Der Hanbo (Stock ca. 90 cm) ist ein universell einsetzbarer Gegenstand und wird in kürzerer Form bis heute von den meisten Sicherheitskräften verwendet. Auch im praktischen Alltag finden sich Gegenstände (Schirm, Stock, Gartengeräte usw.), die mit dem Hanbo vergleichbar sind und für die Selbstverteidigung mit ebensolchen Techniken eingesetzt werden können. Gröger machte zunächst deutlich, dass der größte Vorteil des Hanbo in der Distanz zum Gegner liegt. Dabei zeigte er, wie wichtig es ist, den Hanbo in seiner gesamten Länge zu nutzen, um die gewünschte Effektivität zu erreichen. Dass ein Stock in der Regel zum Schlagen eingesetzt wird, ist wohl jedem bekannt. Dennoch gibt es gerade mit dem Hanbo auch unzählige Hebeltechniken. Dabei wird der Hebel durch die Länge und die verringerte Auflagefläche deutlich verstärkt. Gröger zeigte zunächst Möglichkeiten, wie "Omote-Gyaku-Hanbo" und "Ura-Gyaku-Hanbo", also die beiden zuvor trainierten Hebel mit einem Hanbo in Variation ausgeführt werden können. Er ermahnte die Übenden jedoch zu äußerster Vorsicht beim Training, da der Ausführende das Gefühl für die verstärkte Technik durch den Einsatz des Hanbo verlieren kann und somit ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht. Es waren sich aber alle Teilnehmer ihrer Verantwortung gegenüber des Trainingspartners bewußt und es wurde harmonisch und rücksichtsvoll geübt.

Auch bei den folgenden Techniken, Varianten von "Muso-Dori", "Musha-Dori" (Armstreck- bzw. beugehebel) und Renyo mit dem Hanbo ausgeführt verblüffte Gröger die Teilnehmer durch Perfektion und Effektivität. Und wieder gab Gröger den Übenden Zeit, sich mit den Techniken vertraut zu machen oder bekanntes Wissen aufzufrischen und zu verfeinern.

Nach einer kurzen Mittagspause, ging Gröger zum nächsten Gebiet über. "Ken-Jutsu" (die Kunst im Umgang mit dem Schwert) stand auf dem Programm. Obwohl der heutigen Zeit der Bezug zum Schwert verlorengegangen ist und diese Waffe als veraltet anzusehen ist, begeistert das Training dieser Kampfkunst bis heute tausende Budo-Sportler in den verschiedensten Nahkampfsystemen weltweit. Auch im traditionellen BTJ werden Techniken mit Schwert, Sperr, Bogen usw. gepflegt und trainiert. Dabei stellt sich die Waffe als gutes Hilfsmittel heraus, welches dazu dienen kann, die Bewegungen des Tai-Jutsu (waffenloser Kampf) zu perfektionieren. Natürlich trainieren hier alle mit Holzwaffen (Bokken) und Gröger verzichtete beispielhaft auf den Einsatz von Blankwaffen zur Demonstration. Zunächst zeigte Gröger, wie das japanische Schwert richtig gezogen wird und machte deutlich, dass es sich hierbei um eine Schnitt- bzw. Stichwaffe handelt. Ein bloßes Schlagen ähnlich dem Stock oder Beil, würde die Wirkung einer Schwerttechnik deutlich verringern.

Gröger zeigte Techniken vor, die einen Angriff durch Ausweichen und sofortigen Konter unschädlich machten. Da im mittelalterlichen Japan auf dem Schlachtfeld Rüstungen getragen wurden, sind die Trefferstellen in der Regel auf ungeschützte Gelenke verlagert. So wurde im gezielten Kampf der Gegner bewegungsunfähig gemacht und der Kampf war entschieden. Diese Techniken sind jedoch deutlich schwieriger, als ein direkter Schnitt zum Körper oder zum Kopf. Deshalb erklärte Gröger Schritt für Schritt Haltung, Fußbewegung und den Einsatz der Waffe. Immer wieder verblüffte Gröger durch Variationen und geschickte Bewegungen, die eine einfachaussehende Übung in Perfektion darstellte. Dass dabei die "einfachen" Übungen doch nicht so leicht zu erlernen sind, wurde den Teilnehmer anschließend schnell bewusst. Beinarbeit, Körberbewegung und Waffe in Einklang zu bringen bedarf doch erst viele weitere Trainingstunden.

Nach über 4 Stunden beendete Gröger das umfangreiche Seminar und wurde mit großem Beifall von den begeisterten Teilnehmern verabschiedet.

Ralf Kürschner

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