Eines der absoluten Glanzlichter des Kampfsportverbands IAWO ging in diesem
Jahr in seine 29. Runde: Das Internationale Budoseminar 2019 am 25. Mai
2019. Dieses Seminar ist eine der jährlichen Hauptveranstaltungen und
Höhepunkte der IAWO und wird von vielen Interessierten in jedem Jahr mit
Ungeduld erwartet. So konnten auch in diesem Jahr vielzählige Teilnehmer
verschiedener Kampfkunststile aus dem In- und Ausland sowie Vereine und Clubs
innerhalb und außerhalb der Mitgliedschaft bei der IAWO zu diesem
außergewöhnlichen und vielfältigen Seminar in Bayreuth begrüßt werden. Die
Ausrichtung des Seminars liegt in den bewährten Händen des Bujinkan Dojo
Bayreuth und der Sportschule Gröger. Ein Großereignis mit vielzähligen
Teilnehmern bedarf auch einer besonderen Sporteinrichtung; der besondere Dank
des Verbands geht daher auch an die Bayreuther Turnerschaft von 1861 e.V., die
der IAWO die Nutzung ihrer Großsporthalle freundlicherweise zum wiederholten
Mal ermöglichte.
Was macht letztendlich die anhaltende Erfolgsgeschichte dieses
außergewöhnlichen Seminars, das bereits zum 29. Mal ausgerichtet wird, aus?
Der Erfolg gründet sich im Wesentlichen auf 2 Faktoren.
Die Vielfalt des Angebots
Ob wettkampforientierter Kampfsport, traditionelle Kampfkunst oder effektive
und praxisorientierte Selbstverteidigung, ob japanische, chinesische,
philippinische oder europäische Stilrichtungen, ob waffenlose Techniken oder
unterschiedliche Waffentrainings, ob spezielle oder generalistische Systeme,
hier bietet sich für jeden Interessierten und Praktizierenden eine Fülle von
Möglichkeiten für seine eigene Orientierung, Weiterbildung und
Fortentwicklung.
Die Qualität der Trainer und Seminarleiter
Persönlichkeiten des Kampfsports mit hohen Graduierungen in mehreren Arten und
Stilen und jahrzehntelanger Erfahrung sowohl als Vereinstrainer mit eigenen
Schulen und Vereinen als auch als Verbands- und Seminartrainer. Das
diesjährige Trainerteam bestand aus:
Soke
Wolfgang Gröger 15. DAN Shihan im Bujinkan Budo Taijutsu, Soke des
Goshin-Taijutsu
Shihan
Walter Neubauer 10. DAN Spezialist für alle Facetten des
Mittelalterlicher Kampfs
Shihan
Joachim Schweitzer 10. DAN Generalist in mehreren Kampfsportarten,
Trainer für Unternehmen
Shihan
Oliver Gack 8. DAN Erfolgscoach im internationalen Wettkampfbereich
(WM, EM)
Shihan
Christian Daller 7. DAN Experte in allen Bereichen der Waffenlehre
Kobudo
Shihan
Rüdiger Schmiedel 7.
DAN bedeutender Lehrer und Trainer in allen Themen des Karate
Shihan
Ralf Kürschner 6.
DAN Großmeister / Trainer und Seminarleiter in vielzähligen Kampfkünsten.
Der Präsident der IAWO, Dipl.-Ing. Wolfgang Gröger, begrüßte
zunächst um 10.00 Uhr auch im Namen des anwesenden Vizepräsidenten Walter
Neubauer die mit hohen Erwartungen angereisten Teilnehmer und stellte die
Trainer vor. Anschließend begann das Seminar parallel auf 4 Aktionsflächen in
der Halle.
Goshin Taijutsu (Wolfgang Gröger)
Wesentlicher Inhalt dieser Lehreinheit war der Einsatz von Kyusho in der
Selbstverteidigung. Kyusho (jap.) sind die Nervenpunkte des
menschlichen Körpers, die bei Angriffen besonders sensibel reagieren. Die
Lehre über diese Vitalpunkte des menschlichen Körpers stammt u. a.
ursprünglich aus der chinesischen Heilkunde bzw. Gesundheitslehre, in der 360
Punkte verwendet werden. In der Lehre des Kyushojutsu erfolgt eine
Aktivierung bzw. negative Stimulation der gegnerischen Vitalpunkte durch
Schläge, Griffe, usw. Nach einer weitreichenden und eingehenden Darstellung
der verschiedenen Vitalpunkte wurde der praktische Teil in seinen
umfangreichen Bestandteilen nachhaltig geübt. Zur Anwendung kamen
Gefahrenabwehrtechniken durch Angriffe auf die Atmungsorgane, Angriffe auf den
Blutkreislauf, Erschütterung des Gehirns, Vitalpunktstimulationen, Druck- und
Greiftechniken (z.B. Drucktechniken auf Nervenpunkte, Muskeln, usw.), jeweils
kombiniert mit einer situationsbedingten Selbstverteidigung durch Tritt-,
Schlag-, Wurf-, Hebel-, Brech- und Transport- und Sicherungstechniken auf
verschiedene Angriffe.
Budo Taijutsu / Ninjutsu (Wolfgang Gröger)
Kenjutsu:
Shihan Wolfgang Gröger 15.Dan mit traditionellen Schwertkampf der fort. Gröger
stellte hier verschiedenste Schnitttechniken aus dem traditionellen
japanischen Schwertkampf vor, als auch Grundsätze zu taktischen Überlegungen
im Schwertkampf. Er übte mit den Teilnehmern mehrere traditionelle Techniken
von einfachen Schemata bis hin zu Komplexen. Ein besonderes Augenmerk legte
der erfahrene Meister hier vor allem auf die Bewegungslehre (Sabaki), die
Distanz und das Timing, um den eigenen Körper auch beim Kontern oder Abwehren
vor der Schnittbahn der gegnerischen Klinge zu schützen.
Mittelalterlicher Kampf (Walter Neubauer)
Nach einer für die Teilnehmer sehr interessanten Einführung in die Geschichte
des Mittelalterlichen Kampfes durch Walter Neubauer, der sich schwerpunktmäßig
in den Kampfkünsten seit Jahrzehnten neben Karate dem mittelalterlichen
Waffenkampf und dem waffenlosen Kampf sowie der Herstellung von historischen
Waffen widmet, begann der praktische Teil. Im Vordergrund dieser Lehreinheit
hat das Armringen zur Vorbereitung für Hebel und Würfe aus dem
mittelalterlichen Ringen gestanden. Die Besonderheit hierbei besteht in der
richtigen Griffhaltung bei gegenseitigem Armringen, wobei eine Hand eine
ziehende und eine Hand eine schiebende Wirkung während dieses Ringvorgangs
auslöst. Sobald sich hieraus die Möglichkeit einer eigenen Aktion gegenüber
dem Partner ergibt, wurden von Walter Neubauer verschiedene
Kontermöglichkeiten in Form von effektiven Hebel- und Wurftechniken
dargestellt, welche von den Teilnehmern nachhaltig und erfolgreich trainiert
wurden.
Jeet Kune Do (Joachim Schweitzer)
Dieses chinesische System, auch bekannt als Jun Fan Jeet Kune Do oder Jun Fan
Gung Fu, wurde von der Kampfsportlegende Bruce Lee begründet und wird von der
Kampfsportwelt als sein Vermächtnis angesehen. Bruce Lee selbst hat sein
System seinerzeit nicht als Kampfkunstart, sondern als Kampfkunstprinzip
verstanden und beschrieben. Es ermöglicht über kurze, effektive Aktionen
schnelle und äußerst wirksame Zugänge sowohl in eine Angriffs- als auch in
eine Verteidigungssituation zu finden. Dieses Prinzip ist daher bei vielen
Kampfsportlern sehr beliebt, da es die Möglichkeit bietet, nach erfolgreichem
Finden dieser Zugänge den Kampf mit dem erlernten eigenen System (z.B. Boxen,
Judo, Karate) zu beenden. Die weitere Beliebtheit ergibt sich auch daraus,
dass es sich sowohl um Angriffs- als auch um Verteidigungstechniken handelt.
Im Rahmen dieser Lehreinheit wurden speziell Verteidigungstechniken gegen
Angriffe mit Schlägen nachhaltig trainiert. Hierbei stand nicht das übliche
Abwehrverhalten über Blocken der Angriffe im Vordergrund, sondern vielmehr die
fließende Kombination von Stoppen, Weiterleiten und Sichern unter Ausnutzung
der gegnerischen Schlagenergie. Abgeschlossen wurden diese
Verteidigungstechniken mit vielfältigen und effektiven Schlag-, Hebel-,
Sicherungs-, Transport- und Wurftechniken.
Eskrima (Joachim Schweitzer)
Eskrima ist eine traditionelle philippinische Kampfsportart, die - obwohl im
Wesen ganzheitliche Kampfkunst - in Deutschland und Europa maßgeblich durch
ihre Stocktechniken bekannt geworden ist. Auch sie fördern in hohem Maße
Beweglichkeit, Konzentration, Schnelligkeit und Koordination und haben bei der
IAWO, wo Eskrima als Kampfsportart mit eigenem Lehr- und Prüfungsprogramm seit
längerer Zeit etabliert ist, bereits vielzählige Anhänger gefunden.
Das Seminarprogramm hat effiziente Koordinations- und Kampfdrills und
verschiedene Arten der effektiven Stockentwaffnung mit Stock gegen alle
möglichen Angriffsarten (Schläge, Schnitte, Stiche) und Angriffshöhen umfasst.
Weiterhin wurden diese Stockentwaffnungen auch waffenlos gegen verschiedene
Stockangriffe durchgeführt. Bei diesem Programm wurde vorrangig besonderer
Wert auf Reaktionsvermögen, Schnelligkeit und Präzision gelegt, der von allen
Teilnehmern in hohem Maße erfolgreich umgesetzt wurde.
Anti-Terror-Karate (Ralf Kürschner)
Im Rahmen des Seminars übernahm Ralf Kürschner vertretungsweise die Leitung
der Kurse in Anti-Terror-Karate.
Als langjähriger Freund und Schüler von Soke / Shihan Wolfgang Gröger ist er
kein Unbekannter in der IAWO und kann auf fast 40 Jahre Budolaufbahn
zurückblicken. Neben traditioneller Kampfkunst, hat er sich auf
Selbstverteidigung und Nahkampf für Behörden und Sicherheitsfachkräfte
spezialisiert und konnte den Kursteilnehmern einige Anregungen für ihr
weiteres Training vermitteln. Dabei hielt er sich im ersten Kurs an die
übliche Schusswaffenabwehr, die in vielen Kampfsportarten Teil der Prüfungen
zu höheren Graduierungen ist. Hier konzentrierte er sich auf
Standardtechniken, machte aber auch einen kleinen Ausflug in die
Praxisanwendung in Extremsituationen.
Im zweiten Kurs bekamen die Teilnehmer Gelegenheit, sich in der Verteidigung
gegen Messerangriffe zu versuchen. Hierzu kamen spezielle Übungsmesser mit
einer Kreideschicht zum Einsatz, die sehr deutlich machten, wie schnell man
während der Verteidigung Messerverletzungen davon tragen kann. Der Kurs wurde
sehr praxisorientiert gehalten, so dass unvorhersehbare, teils verdeckte
Angriffe zum Programm gehörten. Den Teilnehmern wurde sehr schnell bewusst,
wie gefährlich Messerangriffe sind und wie gering die Chance auf eine
erfolgreiche, verletzungsfreie Verteidigung mit bloßen Händen ist.
Mit neu gewonnenen Eindrücken, Anregungen und Erfahrungen bedankten sich die
Teilnehmer am Ende für die gelungen Kurse.
Bo und Sai (Christian Daller)
Christian Daller zeigte in seinem Teil den Umgang mit dem Bo. Da unter den
Teilnehmern in der Gruppe ohnehin fast ausschließlich erfahrene Bujinkan
Praktiker trainierten, zeigte er Techniken und Handhabungen des Bo die im
Bujinkan eher unüblich aber im Kobudo durchaus relevant sind. So zeigte er
neben schnellen Techniken mit Griff auf halber Länge auch Schwungtechniken,
bei denen das Bo um den Budoka dreht, dabei aber jederzeit fest mit der Hand
gehalten wird.
In seinem zweiten Teil zeigte er Techniken mit dem Sai, einem Dreizack mit
kurzem Griff. Auch hier baute er auf Vorwissen der Teilnehmer auf und
variierte Stocktechniken mit den Besonderheiten dieser Waffe. Dazu zeigte er
auch die verschiedenen Griffmöglichkeiten an Schaft und Zinken. Die Teilnehmer
trainierten dies interessiert und vorsichtig, da sich aus den Zinken teilweise
fast zwangsläufig Verschärfungen zu den gewohnten Stocktechniken ergeben.
All-Style-Karate (Oliver Gack)
Street Self Defense und Kickbox Kombinationen im Wettkampf
Rüdiger Schmiedel (Traditional Karate)
Kata und Bunkai
Als am Abend diese einzigartige und vielfältige Veranstaltung zu Ende ging,
konnten die Teilnehmer auf einen ereignisreichen Tag mit einem
außergewöhnlichen Budoseminar und vielen Inhalten und Höhepunkten
zurückblicken. Ein weitreichender Einblick in die verschiedenen Facetten des
Budosports wurde mit diesem Seminar ermöglicht, der
Wettkämpfern eine Weiterentwicklung
Trainern und Übungsleitern eine Fortbildung
Budosportlern eine praktische Wissenserweiterung
Einsteigern eine Orientierung und
Interessierten eine Entscheidungshilfe über die passende Systemauswahl geboten
hat.
Wolfgang Gröger
und Walter Neubauer dankten den Teilnehmern für ihr besonderes
Trainingsengagement. Das erhaltene Feedback, die Begeisterung der Teilnehmer
für die Themen und die Referenten und der hieraus resultierende Applaus sind
ein Indiz dafür, dass die hohe Erwartungshaltung der Teilnehmer erfüllt worden
ist, und zudem ein deutlicher Ansporn für den Verband, das internationale
Budoseminar auf jeden Fall auch im nächsten Jahr mit interessanten Inhalten
fort zu setzen.
Ist es daher verwunderlich, dass viele Teilnehmer bereits heute dem
nächstjährigen Budoseminar entgegen fiebern.